Die Geschichte des Forsthauses von 1658 bis zum Jahr 2000

Forsthaus – für fast die Hälfte
der Bewohner lebensrettend

Die Gründungsgeschichte vom Forsthaus Stopfenreuth ist untrennbar mit dem Schicksal des Ortes Stopfenreuth verbunden.
Bei dem verheerenden Donau-Eisstoß 1658 ist (Alt)Stopfenreuth in den Fluten untergegangen und an heutiger Stelle noch im selben Jahr aufgebaut worden. Gleichzeitig mit dem Aufbau von (Neu)Stopfenreuth dürfte das einstöckige Forsthaus-Gebäude aus Lehm, Steinen und Ziegeln errichtet worden sein. „Dürfte“, denn in einer anderen Chronik, scheint es einige Jahre früher auf.
172 Jahre später ereignete sich nicht nur für Stopfenreuth, sondern für das ganze südliche Marchfeld und Teile Wiens eine weitere furchtbare Überschwemmungskatastrophe, bei der das Forsthaus für fast die Hälfte der Ortsbewohner lebensrettend war. 1830 reichte das Donauwasser in allen Gebäuden in Stopfenreuth bis zur Erdgeschoßdecke. Pfarrhof und Forsthaus waren die einzigen Gebäude mit Obergeschoß. Vor dem Ertrinken und Erfrieren retteten sich die Stopfenreuther ins Forsthaus. Über einen Zeitraum von neun Tagen waren bei eisigen Märztemperaturen 96 Personen auf weniger als 70 Quadratmeter im 1. Stock ohne Habseligkeiten und Lebensmittel zusammengepresst.
Durch die Regulierung der Donau und Bau des Marchfeldschutzdammes sind die Lebensräume der Bewohner im Marchfeld ab dem 20. Jahrhundert geschützt worden. Geschichtlich nachgewiesen sind bis 1899 mehr als 152 Hochwässer.

Forsthaus – eine Legende
namens Metzker

Das Forsthaus war bis 1918 durchgehend im Besitz der Herrschaft. Anschließend fiel es den Bundesforsten zu, die von dieser Stelle bis 1989 den Auwald bewirtschafteten. Der letzte, vor allem durch seine Persönlichkeit bekannt gewordene Forstmeister in Stopfenreuth war Ludwig Metzker. Umfangreiche, gewissenhafte Tätigkeitsberichte geben Zeugnis von seinem Wirken im Forsthaus von 1946 bis 1983. So existieren zum Beispiel heute noch die Aufzeichnungen über die Nussdiebstähle nach dem Zweiten Weltkrieg im Försterbezirk Stopfenreuth. Im Jahr 1948 hat ein eigens eingerichteter „Schutzdienst gegen Nußdiebe“ im Försterbezirk Stopfenreuth insg. 38 kg Nüsse beschlagnahmt. Die neuen Betreiber des Forsthauses haben zur Erinnerung an den legendären Mann eine „Metzker-Bar“ und eine Erinnerungsecke aus Bildern, Graphiken und handschriftlichen Aufzeichnungen eingerichtet.

Forsthaus 1949:  Repräsentanz, Autorität und Familienidylle.

Jagd, Nussdiebe und Rotwild: Förster Metzker, 1980

Forsthaus – seine Rolle bei
der Aubesetzung 1984/85

Hier in den Donauauen von Stopfenreuth haben 1984 die Auseinandersetzungen (Aubesetzung) um den Bau des Donaukraftwerkes „Hainburg“ ihren Ausgang genommen. Das Forsthaus spielte damals eine informationstragende und daher nicht uninteressante Rolle im Kampf um die Aubesetzung. Unter der Hand wurden der Autor dieser Zeilen und andere Meinungsträger mit brandaktuellen Informationen versorgt, die dazu angetan waren, sich rechtzeitig etwa auf Holzfällertrupps und Räumungsaktionen seitens der Exekutive einzustellen.
Die erfreuliche Entwicklung für das Forsthaus und seine Besucher: Wo einst nur wenige Personen hochaktuelle Neuigkeiten erfuhren, werden heute durch das installierte Auen-Informations-Zentrum alle Aubesucher umfassend über den romantischen Landstrich an der Donau informiert.

Forsthaus – altes Haus
mit neuen Funktionen

Der langjährige KURIER-Redakteur Friedrich Babitsch ist Gründer des Auen-Informations-Zentrum Forsthaus Stopfenreuth. Durch die Aubesetzung, von der er wochenlang hindurch berichtete, ist er auf das sich damals im Verfall begriffene Forsthaus aufmerksam geworden. Seine, oftmals negativen journalistischen Erfahrungen in der Entwicklung des Tourismus um den Neusiedler See und die daraus resultierenden Erkenntnisse haben dazu geführt, die zum Abbruch freigegebene Forsthaus-Ruine 1990 zu retten.

Audickicht am Zugang zum Forsthaus im Jahr 1990 (Bild rechts)                               Forsthaus 1990: Private retten das zum Abbruch freigegebene Bundesforste-Gebäude im letzten Augenblick (Bild oben)

Ziel war, das traditionsreiche Gebäude zu revitalisieren und zu erweitern, um es bis 1994 mit zeitgemäßen Funktionen auszustatten: Auen-Informations-Zentrum, Restaurant und Servicestation für Radfahrer am Donauradweg.
Bei der Durchführung der umfangreichen Umbau- und Erweiterungsarbeiten wurde die 360 Jahre alte, architektonisch wertvolle Bausubstanz (z.B. Kreuzgewölbe, Segmentbögen, Holzbalkendecke, Naturkonstruktionen) des Forsthauses revitalisiert und durch charakteristische Elemente der regionalen Dorfarchitektur zu einem klassischen Gastronomiebetrieb im hellen, freundlichen Landhausstil ausgebaut. Fast 2000 Quadratmeter Garten, Terrassen, Zufahrtswege, Fahrradrampen, Rad- u. Pkw-Parkplätze sowie eine Aubühne und Kinderspielplatz mussten angelegt werden. Parallel dazu erfolgte die gastgewerbliche Adaptierung der Besucherräume, Info-Einrichtungen, Büffet, Schank und Küche.
Seit 1995, als Liane Babitsch die Führung des ausschließlich privaten Unternehmens übernahm, wird die Fisch- und Heurigengastronomie den Bedürfnissen der Gäste und deren Zeitgeist angepasst – im Au-Informations-Bereich herrscht der Vorsatz, gezielt Naturerlebnis ohne Naturzerstörung anzubieten.

Alt und neu im klassischen Landhausstil vereint:          Das Forsthaus, revitalisiert und erweitert, im Jahr 1994.

 Forsthaus – erster privater,
naturkonformer Dienstleister

Direkt am Donauradwanderweg „Passau-Wien-Budapest“ gelegen ist das Forsthaus Stopfenreuth der einzige private, naturkonforme Dienstleistungsanbieter in den Donau-Auen östlich von Wien. Es gibt Einblick in die Besonderheiten des Auwaldes und hat viele naturorientierte Angebote außerhalb der sensiblen Nationalparkzonen geschaffen. Von hier aus gibt es geführte Wanderungen, Radtouren und vieles mehr.
Vielleicht möchten Sie mit einem Kanu durchs Wasser gleiten? Im Audickicht unseres Forsthauses liegen Kleinkanus (bis max. 4 Pers.) inklusive der Transporthilfen zum Entleihen. Selbstverständlich erhalten Sie von uns kostenlos die notwendigen Flußpläne und das Kanuzubehör.
Oder macht das Fahren mit einer Pferdekutsche doch mehr Spaß?
Falls Sie Ihr Fahrrad nicht dabei haben – bei uns können Sie sich auch ein Leihrad ausborgen. Neben dem Radparkplatz stehen Ihnen im „Radstadl“ ein Rad-Service-Bock gratis zur Verfügung. Werkzeug für kleinere Reparaturen erhalten Sie an der Auen-Information.
Wir bieten im Fisch- und Heurigenrestaurant (u.a. Spanferkelspezialitäten) ganztägig warme Küche, bodenständiges Buffet für Familien- und Betriebsfeiem, glasweise Bouteillenwein und Weindegustationen an. Weitere Einrichtungen für groß und klein: stilgerechtes Jagdstüberl, gelsengeschützte Veranda und ein großer, schattiger Kinderspielplatz.

Für alle gibt`s was: Hereinspaziert ins Forsthaus

Die Auen-Info stellt im Schauraum den Naturraum, Flußbau, Wildbiologie dar, bereitet den Auwald auf und beleuchtet die „Aubesetzung“ von Hainburg.
Wir erstellen für Einzelreisende, Familien und Gruppen günstige Pauschalangebote unter dem Motto „Kultur & Natur pur“ im March-Donauland. Die Zimmervermittlung reserviert für Sie Zimmer in Radfahrer freundlichen Hotels, Privatquartieren und Pensionen. „Tages-Packages“ und Auskünfte erhalten Sie an der Auen-Information, die täglich von März bis Oktober umfassend und kostenlos informiert.

Autor: Friedrich Babitsch. Quellen: Stopfenreuth – Heimat am Strom von Kurt Wenzl, Pfarrchronik  Schlosshof. Archiv und Bilder: friBA.  Stand: 2000